4. Dezember 2018

Ein Wochenende im Busch


Ich muss euch schon einmal vorwarnen! Dieser Artikel ist sehr lang. Ich habe aber auch viel zu erzählen. Dieses Wochenende war ein totaler Kulturschock...😱
Lucas, ein Lehrer an der Tree House Academie, hat beschlossen mich am Wochenende mit in sein Dorf zu nehmen. Das Dorf liegt 45 km außerhalb der Stadt, was bedeutet wir sind mitten im Busch. Zur Erklärung, da der Begriff Dorf für unsere Verhältnisse irreführend ist. In Namibia besteht ein Dorf lediglich aus ein paar Hütten, in denen nur die Familienmitglieder wohnen, also 5 bis 10 Personen. Das komplette Dorf wurde mit den eigenen Händen aufgebaut. Hierbei wurde Holz und Stroh aus dem umliegenden Wald und den umliegenden Wiesen geholt. Als Mörtel hat man sich die Termiten als Vorbild genommen, die einen bestimmten Sand benutzen. Unglaublicher, die Termitenhügel sind hart wie Beton. Bob der Baumeister wäre stolz.








Die Menschen im Busch versorgen sich komplett selber. Jede Familie hat ihre eigenen Kühe, Ziegen, Hühner und Schweine. Außerdem wird nahe dem Fluss in etlichen Gärten Gemüse angebaut. Nahrung ist hier kein Problem, zumal man auch in den Busch zum Jagen gehen kann. Wasser wiederum ist auch hier ein großes Problem, da es selten hauseigene Wasserleitungen gibt. Das Wasser wird aus dem Fluss oder staatlichen Brunnen bezogen und muss oft lange Strecken getragen werden. Wie man sich vorstellen kann, gibt es natürlich auch keine sanitären Anlagen und Elektrizität. Das Leben im Dorf wird ganz nach dem Motto „Back to the Roots“ geführt. Hier mein Schlafplatz.
Vorsicht! Schlangengefahr!


Am Freitag nach der Schule haben Lucas und ich mich auf dem Weg zum Dorf gemacht. Wir sind per Anhalter in einem LKW mitgefahren, der uns direkt am Dorf abgesetzt hat. Ich wurde sehr herzlich von Lucas Familie begrüßt. Leider konnte ich nur mit Lucas Vater kommunizieren, da er ganz gut Englisch gesprochen hat. Nach einem kleinen Rundgang im Dorf und der Vorbereitung meines Schlafplatzes, sind wir zur Bar von Lucas Onkel gelaufen und haben dort den Abend verbracht. Hier habe ich weitere Familienmitglieder von Lucas kennengelernt und wurde auch sehr gastfreundlich mit einem traditionellen Abendessen aus Pap (Maisbrei) und Hühnchen. 😲🔥


 Als es dunkel wurde, kam ich in den Genuss des wundervollen Sternenhimmels Namibias, einfach unglaublich und nicht zu vergleichen mit dem in Deutschland.🌝🌟


Am nächsten Morgen wurde ich vom Krähen des Hahns geweckt. Um kurz nach 5 Uhr haben wir das Dorf, bewaffnet mit einem Gewehr, verlassen. Wir liefen tief im Busch umher, da die Morgenstunden sich am besten zum Jagen eignen. Lucas beruhigte mich, dass ich keine Angst haben brauch und dass es sicher sei. Ich konnte das nicht 100-prozentig glauben. Man darf nicht vergessen, dass wir uns in der Wildnis befinden und die Möglichkeiten auf giftige Schlangen und Löwen zu treffen, durchaus besteht. 🙈😨


Nach zweistündiger, erfolgloser Fährtensuche haben wir uns geschlagen auf den Weg zurück gemacht. Im Dorf waren die Frauen und Kinder schon fleißig am Mahlen des Korns, um es fürs Kochen vorzubereiten. Auch ich habe mich daran versucht, aber war nicht sonderlich geschickt, was mir den ein oder anderen Lacher der Familie einbrachte.😅 



Nach dem Frühstück, hauseigene Eier mit Toast, ging es Richtung Fluss. Auf dem Weg zum Fluss hat mir Lucas viele lokale Früchte gezeigt, die an Bäumen und Sträuchern wachsen. Auch wenn die Menschen kein Wasser haben, verfügt Namibia allgemein über große, unterirdische Wasserquellen, an denen sich das Pflanzenreich bedient. Eine Frucht hat mich an die Centershocker in Deutschland erinnert, weil sie genau so sauer waren. 😖

 


















Am Fluss angekommen, sind wir am Fluss entlang zu einer besonderen Stelle gelaufen, an der wir baden konnten. Auf dem Weg dahin haben wir viele Gemüsegärten gesehen. Wir haben außerdem immer wieder nach Krokodilen und Nilpferden Ausschau gehalten. Ein erfrischendes und abkühlendes Bad, bei knapp 40 Grad in der Sonne, haben wir uns nicht entgehen lassen. Nachdem wir mit den Krokodilen geschwommen sind, haben wir uns von einem Fischer ein kleines Kanu ausgeliehen. Mit diesem Kanu sind wir auf die andere Seite des Flusses gepaddelt, ich hab die Chance genutzt und hab Angola betreten. Was nicht ganz legal ist. 😅 
Auch beim Überqueren des Flusses sind wir nicht über Krokodile oder Nilpferde gestolpert.

 



















 
Zum Mittagessen sind wir zurück zur Bar von Lucas Onkel und wurden dort mit Reis, Kartoffeln und Hühnchen verwöhnt. Die Zeit der prallen Nachmittagshitze haben wir gemütlich in der Bar und natürlich im Schatten verbracht. Als es dem Abend entgegenging, sind Lucas, Lucas Vater und ich zu Verwandten gefahren, wo die Ziegen der Familie untergebracht sind. Hier wird traditionelles Kavango-Bier aus dem Korn gemacht. Nachdem ich meinen gesamten Mut gesammelt habe, habe ich einen Becher davon getrunken. Mein Fazit lautet, dass das Bier geschmacklich weit vom guten Bier entfernt liegt, aber es erfüllt den Zweck betrunken zu werden. 😂





Lucas Vater hat währenddessen die Ziegen inspiziert und hat eine Ziege ausgewählt, welche uns als Abendessen dient. Die Ziege wurde auf den Pickup geladen und ins Dorf gebracht. Natürlich werden die Tiere selbst geschlachtet und fürs Essen vorbereitet. Eine große Ehre, dass die Familie extra für mich eine Ziege opfert. Mir wurde auch die Ehre zu Teil die Ziege zu töten, zu häuten und das Fleisch und die Innereien fürs Kochen vorzubereiten und zu waschen. Das war mit Abstand das verrückteste was ich an diesem Wochenende oder vllt in meinem ganzen Leben gemacht habe. Ich erspare euch die Bilder und Videos. Auf dem unteren Bild hat sie noch gelebt.😅

 
Nach dem Grundkurs in Schlachtung, wurde das Essen zubereitet. Vor allem die Innereien, wie Leber, Niere, Lunge, Magen und Darm, werden hier als Delikatesse bezeichnet. Zum Abendessen gab es standardmäßig Pap, außerdem kam ich in den „Genuss“ eben jener Delikatessen. Ich muss sagen, dass ich das normale Fleisch dann doch bevorzuge. Nach Anbruch der Dunkelheit hieß es Zeit für die Jagt. Jetzt war ich wirklich mit Adrenalin geladen. Es war komplett dunkel, die meisten Tiere, wie Schlangen und Löwen sind nachtaktive Jäger und wir waren fernab jeglicher Menschenseele. 😱
In dieser Nacht sind wir ca. 3 Stunden, 15 Kilometer gelaufen und hatten eine komplette Wüste in unseren Schuhen. Unsere Ausbeute ist sehr mager ausgefallen, wir haben lediglich einen Hasen gesehen. Leider war dieser zu schnell für uns und wir haben in aus den Augen verloren. 😆
Andere Tiere sind uns nicht begegnet, wir haben lediglich an einer Stelle einen starken Wildgeruch wahrgenommen. 
Ein weiteres Highlight war der erste Schuss, den ich in meinem Leben abgefeuert habe. Der Rückstoß war doch größer als ich erwartet habe und ich kam kurz ins Wanken. Nach unserer Rückkehr, warf ich mich sofort ins Bett und schlief ein. 

Ich war so erschöpft, dass ich selbst den Hahn in den frühen Morgenstunden nicht wahrgenommen habe und erst gegen 7 aufgewacht bin. Nach dem Frühstück, was aus der Ziege und dem Pap bestand, sind wir nochmals zu einem besonderen Spot am Fluss gelaufen. Lucas erhoffte sich, dass wir dort ein Krokodil treffen werden. Leider hat sich auch nach einigen Provokationen kein Tier gezeigt, also sind wir zurück zum Dorf gelaufen und haben unsere Sachen geholt. Nach mehreren erfolglosen Versuchen eine Mitfahrgelegenheit zu finden, hatten wir schließlich doch Erfolg und wurden nach Hause gebracht. 😎


Ich war wirklich sehr froh wieder festen Boden unter den Füßen und fließend Wasser zu haben. Meine erste Tat war mir den Bauch vollzuschlagen und mich von oben bis unten zu waschen. 😂 Rückblickend war das trotzdem ein sehr erlebnisreiches und aufregendes Wochenende. 
Ich bin wirklich dankbar, dass Lucas mir die Möglichkeit gegeben hat, das Leben im Busch live mitzuerleben. Ich habe Dinge erlebt, die ich für mein Leben niemals erwartet habe. Das Leben im Dorf und in der Stadt sind zwei komplett verschiedene Lebensstile und Denkweisen. Natürlich ist die allgemeine Hygiene auf einem niedrigeren Stand und das Essen gewöhnungsbedürftig. Das bedeutet aber nicht, dass das Leben im Busch besser oder schlechter ist, als in der Stadt. Es ist einfach grundlegend verschieden. Die Menschen, die in den Dörfern leben sind trotz oder vielleicht wegen den einfachen Verhältnissen sehr glücklich und haben immer ein Lachen im Gesicht. Lucas, seine Familie und die Dorfbewohner sind so stolz auf ihre Herkunft, dass sie mit Freuden Auswärtige, wie mich, in ihr Leben einweihen. Lucas sagte mir immer wieder, dass er mir den afrikanischen Lifestile zeigen möchte und ich dieses Wochenende niemals vergessen werde. Er meinte, dass es ihn sehr glücklich macht, mir sein Leben zu zeigen, wie er aufgewachsen ist und mir solche Erlebnisse bieten kann. Die Familie erfreut sich an den kleinsten Dingen. Beispielsweise haben es alle gefeiert, als ich sie in ihrer Sprache begrüßt habe und gefragt habe, wie es ihnen geht. Respekt vor deinen Mitmenschen wir hier sehr groß geschrieben, was man vor allem an der Gastfreundschaft und Freundlichkeit der Menschen erkennen kann. Das ist ein Grund, weshalb ich mich sehr wohl gefühlt habe und nie die Notwendigkeit von Vorsicht verspürt habe. 


Was habe ansonsten gelernt und für mich mitgenommen?
Auch wenn ich der Meinung bin, dass es nicht DAS perfekt Leben gibt, bin ich doch froh, dass ich ein Leben wie in Europa führen darf und kann. Diese Erfahrungen lehren mich noch dankbarer zu sein, für das was ich habe.
Ich konnte meinen Wohlfühlbereich und meine Tugenden Dankbarkeit, Freude, Weltoffenheit, Respekt und Vertrauen weiter ausbauen und erweitern.



Vielen Dank an Lucas für die tolle Erfahrung und die unvergesslichen Erlebnisse und vielen Dank an dich, dass du bis zum Schluss dabei geblieben bist. 💪😁

Bärenstarke Grüße aus Namibia,
euer Schwarzbär 🐻

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